Die Kunst von Ren Hang aus Peking ist nicht einfach Provokation: Zu sehen ist, zwischen den Pixeln, ein Kampf um die künstlerische Freiheit, um die Freiheit, der sein zu dürfen, der man ist. Ohne Scham halten die Menschen, die der 28-Jährige fotografiert hat, ihre Genitalien ins Bild, sie spreizen die Beine, spucken.
Das sind die Bilder von Ren Hang – viel mehr als nur Provokation:
Fast immer ohne Mimik schneiden sie sich ihre Hose so auf, dass der Penis herausfällt, legen sich eine Tulpe so auf den Unterkörper, dass es aussieht, als würde sie der Vagina entwachsen. Ohne Lächeln und ohne Zweifel, regungslos ziehen sie sich aus und zeigen ihre Körper.
Dabei werden auch immer wieder Geschlechterrollen in Frage gestellt, nicht jeder ist hier traditionell Mann oder traditionell Frau. Ein Foto zeigt einen schmalen, weiblichen Körper – doch zwischen den Beinen lässt sich ein Penis erahnen.
Ren Hang fotografiert seit neun Jahren, seit jeher ist er der Fotografieszene bekannt als ein depressiver, scheuer und der Öffentlichkeit fernbleibender Künstler. Er gibt kaum Interviews – und wenn er doch mal mit einem Journalisten spricht, lautet seine Antwort auf fast alle Fragen: “Ich weiß es nicht – und es ist mir egal.”
Auf anderen Fotos balancieren die Menschen am Abgrund der Seele, sie tauchen tief unter in Badewannen, beißen sich aneinander fest, rauchen viel, lassen den Blick schweifen über die Dächer der Stadt.
Ren Hangs Fotos sind brutal direkt. Nicht, weil sie Körperstellen zeigen, die sonst von Kleidung bedeckt sind. Sondern, weil sie auf kompromisslose Weise die bestehende Ordnung stören. Sie wirken, als wolle der Künstler schreien: So sind wir halt, wir Menschen – verschieden, übermütig, immer in Versuchung! Und, übrigens: Es gibt keinen Grund zur Annahme, dass wir verkehrt sind.